Kapitel 1

Gut gemeinter Rat

„Du musst dir Hilfe holen“
„Denk doch mal an dich“
„Mach doch mal eine Kur“
„Sag doch mal nein“
„Hättest du was gesagt...“

Kapitel 1

Du musst dir Hilfe holen

Jeder pflegende Angehörige hat diesen Satz schon einmal gehört. Und die meisten können diese Sätze einfach nicht mehr hören.
Es ist ja leider auch nicht so einfach.

Eine Vertretung ist nicht mal eben gefunden. Pflegedienste und Einrichtungen haben überwiegend keine freien Plätze.8
Fragt man denjenigen, der diesen Rat erteilt hat, zieht er sein Angebot oft schnell wieder zurück.

Kapitel 2

Nach Hilfe fragen

Kapitel 2

Hättest du was gesagt…

Sollten wir uns nicht eigentlich über diesen Rat freuen, anstatt uns zu ärgern?
Derjenige, der uns diesen Rat gibt, wünscht sich Hilfe für Dich. Er versteht, dass die Pflege viel von Dir abverlangt und echte Arbeit ist. Alleine, dass er das versteht, zeugt von Wertschätzung und Verbundenheit.

Aber nehmen wir den Rat doch mal ernst und fragen nach einer konkreten Hilfe.

Welche Frage klingt wohl für einen Helfer weniger beängstigend?

„Könntest du für eine Stunde
die Pflege meines Vaters
übernehmen?“

Kapitel 2

Mit der einer möglichst konkret gestellten Frage nimmst du dem potenziellen Helfer die Bedenken und Angst weil er viel genauer weiß, was von ihm erwartet wird. Dadurch wird er dir viel eher helfen.

Bei dieser Frage weiß der potenzielle Helfer genau was seine Aufgabe ist. Er fühlt sich informiert und weiß worauf er sich einlässt. Daher nimmt er deine Bitte viel eher an.

Bei dieser Frage weiß der potenzielle Helfer nicht genau was seine Aufgabe wäre. Er könnte viel mehr Aufgaben in diese Frage hinein interpretieren als du dir vielleicht wünscht, ist dadurch abgeschreckt und nimmt deine Bitte eher ungerne an.

Kapitel 2

Sag Deinen Lieben, dass Dir die Decke auf den Kopf fällt und Dir ein Spaziergang oder ein Besuch guttun würde.

Mit klaren Fragen nach Hilfe können schon viele Bedenken der Helfer beseitigt werden.

Kapitel 2

Sag ruhig, dass Dir eine bestimmte Hilfe besonders viel Kraft gibt, Dir viel bedeutet oder dass Du Dich über einen Besuch besonders gefreut hast.

Der Helfer merkt so, dass seine Hilfe nicht umsonst war, freut sich mit Dir und bekommt ein gutes Gefühl wieder zu helfen.

Kapitel 3

Finde Helfershelfer

Hat man keinen großen Familien- oder Freundeskreis oder wenn alle weit entfernt wohnen, kann man nicht ohne weiteres um Hilfe bitten.

Für solche Fälle möchte ich auf einige Möglichkeiten der Entlastung Hinweisen.

Zeitspende

Such im Internet nach diesem Begriff. Solche Angebote gibt es mittlerweile in vielen Regionen. Hier ein Beispiel für Bielefeld und Paderborn.

Nachbarschaftshilfe

Ein weiters Angebot bieten die regionalen Nachbarschaftshilfen. Diese sind zwar nicht auf die Pflege spezialisiert, dort findet man aber ein großes Angebot anderer Hilfen.

Studenten

Viele Studenten haben Erfahrungen in der Pflege von Angehörigen und möchten sich ehrenamtlich engagieren oder einfach etwas Geld für das Studium verdienen.
Du kannst beim Studentenwerk, beim AStA der nächstgelegenen Universität nachfragen oder eine Anfrage am schwarzen Brett hinterlassen.

„Ich [bin Studentin und] habe auch schon über eine solche Anzeige eine Stelle gefunden, ursprünglich als Haushaltshilfe, daraus wurde aber zunehmend ‚betüddeln‘ und da das so gut gepasst hat, bin ich sogar mit dem Ehepaar in den Urlaub gefahren, um auch dort pflegerisch zu unterstützen. So konnten beide gemeinsam Urlaub machen und dennoch hatte auch die pflegende Angehörige mal frei.“

Andrea Sti, Helfershelferin und pflegende Angehörige9

Gemeinden

Frag auch bei deiner Gemeinden einmal nach, ob sich dort jemand engagieren möchte.
Einige Orte haben z.B einen Verein wie „MitMenschen e.V“. Diese bieten auch Unterstützung in verschiedenen Lebenslagen.

Radio

Keine Hilfe aber eine Aufmunterung ist dieser Radiosender von pflegenden Angehörigen - für pflegende Angehörige und Pflegebedürftige.
Hier findet man schöne Musik, gespickt mit Informationen und Tipps für pflegende Angehörige und deutsche Volksmusikstücke für die älteren Pflegebedürftigen. Diese Musik bleibt vielen Demenzkranken lange im Gedächtnis und kann ihnen eine kleine Erinnerung und Freude bereiten.

Kapitel 3

Finanzielle Belastung

Da aber auch die Bezahlung der Hilfen oft eine Herausforderung ist, möchte ich an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass die meisten dieser Hilfen über die Verhinderungspflege oder den Entlastungsbetrag abgerechnet werden können.

Kapitel 4

Du bist nicht allein

Kapitel 4

Unterstützungswunsch

Ein geliebter Angehöriger baut körperlich oder psychisch ab, dann kommt die starke psychische und physische Belastung durch die Pflege10, die schwierige Informationsbeschaffung und meistens die Bürokratie bei Krankenkassen und Ämtern hinzu.11
Zum Teil wenden sich auch noch Freunde oder Verwandtschaft ab, weil sie nicht wissen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen.
Da verwundert es kaum, dass sich viele pflegende Angehörige alleingelassen fühlen.

185 000 pflegende Angehörige stehen kurz davor die Pflege einzustellen.

20 000 wollen nur mit mehr Hilfe weiterpflegen.13

Kapitel 4

Spreche Deine Freunde, Familie, Bekannte und Nachbarn an.

Nimm Dir die Zeit für einen Besuch bei Freunden oder Verwandten. Wenn das aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, dann rufe doch wenigstens bei ihnen an.

Wenn Du das Telefon auf Lautsprecher stellst, kannst Du das sogar während anderer Arbeiten machen und Dein Pflegebedürftiger bekommt vielleicht auch noch etwas Abwechslung.

„Sich mit anderen Familienmitgliedern abzuwechseln und auszutauschen tat psychisch gut.“

Männlich 34 Jahre, pflegender Angehöriger

Kapitel 4

Foren und Gruppen im Internet

Aber es gibt auch Foren und Gruppen im Internet auf denen man sich mit anderen pflegenden Angehörigen austauschen und sich gegenseitig mental unterstützen kann.

Ein tolles Beispiel dafür ist die Facebook-Gruppe Pflegende Angehörige, gegründet von Kornelia Schmid die selbst seit 26 Jahren ihren MS kranken Mann pflegt.
Vom „bewussten Jammertag“ über unglaublich viel Fachwissen und Erfahrungen bis hin zur gegenseitigen Unterstützung kann man dort alles finden.

„Ich möchte mich einmal bedanken, das es hier all die infos, links und nützlichen tips gibt. Auch zu sehen ich bin nicht allein, tut gut.“

Silvia Pape, pflegende Angehörige

Kapitel 4

Gesprächskreise und Selbsthilfegruppen

Wer sich lieber in einem geschützten Rahmen austauschen will, dem möchte ich Selbsthilfegruppen und Gesprächskreise für pflegende Angehörige ans Herz legen.

Hier eine Liste für die in Bielefeld angebotenen Gesprächskreise für pflegende Angehörige.

Doch die meisten Kreise bieten solche Gesprächskreise und Selbsthilfegruppen an. Suche am besten nach den Stichworten „pflegende Angehörige“ „Gesprächskreis“ „Selbsthilfegruppe“ und dem Ort oder Kreis in dem du wohnst.

„Ich muss wirklich sagen, dass die Pflegekurse und Gesprächskreise mir viel gebracht haben. Man sah dort einfach, dass es doch eine ganze Menge anderer Leute gibt die auch Ihren Angehörigen pflegen und auch nicht besser wissen, wie sie damit umgehen sollen. Nur die Entscheidung zu treffen dort hinzugehen und die Überlegung, ob man sich die Blöße geben soll, das war eine Überwindung.“

Eine pflegende Angehörige

Kapitel 5

Verständnis teilen

Findest Du Dich in einigen der Zitate und Themen wieder? Hast Du das Gefühl, dass Dein Gegenüber Vorbehalte oder sogar Angst hat Dir zu helfen? Möchtest du Freunden, Familie oder Bekannten auch deine Seite näherbringen?
Im Bereich für Nicht-Pflegende erkläre ich wie sich ein pflegender Angehöriger wie Du fühlt und wie man Dir helfen kann.

Leite diese Seite doch an Freunde, Familie und Bekannte weiter.

Kapitel 6

Erfahrungen, Anregungen, Tipps

Möchtest Du auch Deine Geschichte und Erfahrungen aus der Angehörigenpflege mit mir teilen, um anderen zu zeigen, dass sie nicht allein sind? Das kannst Du gerne hier tun.